Gegensätze ziehen sich an – oder auch nicht

Sicherlich wurden auch Sie schon einmal mit der Annahme konfrontiert, dass sich Gegensätze anziehen. Zahlreiche Studien haben sich in den vergangenen Jahren mit dieser These auseinandergesetzt und haben den Wahrheitsgehalt untersucht. Die Annahme, dass Gegensätze eine besondere Anziehungskraft aufeinander haben, kommt nicht von ungefähr, sondern findet ihren Ursprung in den Naturwissenschaften. So ziehen sich beispielsweise in der Physik stets die Plus- und Minuspole bei Magneten an. Auch in zwischenmenschlichen Beziehungen schätzen wir Menschen als besonders interessant ein, wenn sie das Gegenteil von der eigenen Persönlichkeit sind.

Gegensätze wecken erst einmal mehr Interesse

Tatsächlich ist es so, dass es in der Natur des Menschen liegt, dem Unbekannten erst einmal deutlich mehr Interesse zukommen zu lassen. Grund ist die natürliche Neugier. Deswegen wirken die Charaktere, die mit Ihrem eigenen wenig gemeinsam haben, für Sie besonders interessant. Das Neue löst ein gewisses Kribbeln aus. Wir fühlen uns dazu hingezogen. Dieser anfängliche Reiz ist aber kein Garant für eine erfolgreiche und lange Beziehung, wie Forscher in umfassenden Untersuchungen herausgefunden haben.

So betonen Paartherapeuten gern, dass das anfängliche Feuer zwischen zwei generell unterschiedlichen Partnern sehr schnell verfliegt und nicht ausreicht, um eine Beziehung dauerhaft auf sichere Beine zu stellen. So halten Beziehungen zwischen Menschen, die wesentliche Interessen teilen, oft deutlich länger.

Beziehungen und Freundschaften sind sich sehr ähnlich

Das zwischenmenschliche Gefüge wird vor allem durch zwei generelle Beziehungstypen geprägt, die wir zusammengefasst haben. Zum einen sind hier Freundschaften und zum anderen Liebesbeziehungen zu nennen. In einer erfolgreichen Partnerschaft vermischen sich beide Formen miteinander. So ist Ihr Partner oft nicht nur Ihr Liebhaber, sondern auch Ihr guter Freund, mit dem Sie viele Gemeinsamkeiten teilen.

Die gemeinsamen Interessen sorgen dafür, dass in der Beziehung keine Langeweile aufkommt und Sie sich angeregt unterhalten können. Gleichzeitig fällt durch die gemeinsamen Interessen die Alltagsgestaltung leichter. Sie haben eine harmonische Ebene, auf der Sie sich austauschen können, ohne dass ständig neues Konfliktpotenzial entsteht. Eine Beziehung verläuft umso harmonischer, desto mehr gemeinsame Interessen es gibt. Gleiches gilt für gemeinsame Werte und Vorlieben. In diesen Bereichen sorgen Gegensätze, wie umfassende Forschungen gezeigt haben, vor allem für Streit. Dadurch haben solche Beziehungen kaum eine langfristige Chance.

Zudem bergen Gegensätze noch ein weiteres Risiko. Oft versucht sich dann zumindest einer von beiden sich dem anderen anzupassen und auch die eigenen Geschmäcker und Vorlieben zu verändern. Es entsteht eine emotionale Abhängigkeit, die für den Betroffenen in ein schwaches Selbstwertgefühl übergeht.

Gegensätze bringen viele Probleme mit

Sind Einstellungen und Wertempfinden in einer Beziehung zu unterschiedlich, sind sie der Nährboden für zahlreiche Probleme. So entstehen beispielsweise Schwierigkeiten bei der Empathie dem Partner gegenüber. Demnach liegt es in der Natur des Menschen, vor allem mit denen Mitgefühl zu empfinden, mit denen wir ähnliche Interessen teilen. Menschen, die Ihnen aufgrund Ihrer Werte und Vorstellungen vollkommen fremd sind, werden keineswegs ähnlich viel Empathie erleben.

Wenn Sie gegenüber Ihrem Partner nicht ausreichend Empathie aufbringen können, fehlt Ihnen ein fundamentaler Bestandteil Ihrer Beziehung. Vertrauen und Verständnis dem Partner gegenüber ist für jede Beziehung unerlässlich.

Weiterhin bringen Gegensätze Probleme beim Zusammenleben mit. Auch hier bergen sie erhebliches Konfliktpotenzial. Stellen Sie sich vor, Sie sind selbst hervorragend organisiert und lieben die Struktur. Ihr neuer Mann lebt aber beispielsweise nach dem Motto „nur das Genie beherrscht das Chaos“. Zu Beginn mögen diese unterschiedlichen Einstellungen noch einen gewissen Reiz ausmachen. Es dauert aber nicht lange, dass dieser Reiz in negativen Stress und damit auch in Frustration umschlägt.

Ohne gemeinsame Interessen droht Langeweile

Ein weiteres Problem, das zu viele Gegensätze mitbringen, ist Langeweile. Teilen Sie mit Ihrem Partner keine gemeinsamen Interessen, werden Sie schon nach kurzer Zeit kaum mehr etwas haben, über was Sie sich austauschen können. In Ihrer Beziehung wird sich rasch Langeweile ausbreiten. Langweilt sich Ihr Partner oder langweilen Sie sich selber, wird früher oder später der Entschluss gefasst, einen individuellen Weg zu gehen. Sie werden sich verstärkt mit Ihren Freunden auseinandersetzen, da diese Interessen mit Ihnen teilen und sich somit auch interessanter Gesprächsbedarf bietet.

Gegensätze können sich aber auch erst später zum wahren Gift für eine Beziehung entwickeln. So geraten Sie in der Kindererziehung sehr schnell in einen regelrechten Strudel aus Konflikten und Auseinandersetzungen, dem auch eine bis dahin harmonische Beziehung kaum standhalten kann. Bei der Kindererziehung brauchen Sie eine gemeinsame Basis mit Ihrem Partner. Sicherlich ist es normal, dass Sie sich nicht immer zu 100 Prozent einig sind, doch die Unterschiede sollten überschaubar bleiben.

Es bringt mehr Probleme als Vorteile

Gerade bei harmonischen und glücklichen Beziehungen bewahrheitet sich der Mythos, dass sich Gegensätze anziehen, nicht. Stattdessen sorgen zu viele Gegensätze dafür, dass eine Beziehung früher oder später scheitern wird. Dagegen sind Gemeinsamkeiten bei Werten, Interessen und Idealen eine der wichtigsten Grundlagen für eine langfristig erfolgreiche Beziehung. Das heißt aber nicht, dass Sie mit Ihrem Partner jedes Interesse eins zu eins teilen müssen. Jeder braucht auch in einer Beziehung einen gewissen Freiraum und die Möglichkeit, sich beliebig entfalten zu können.